Unsichtbar sein - Deutsch sein!

Work in Progress

Eine aktuelle Recherche, über die (Spät-) Aussiedler in Deutschland 

Identität - Herkunft - Gesellschaft

" Du musst deutscher sein, als jede Deutsche.", das wurde jahrelang zu meinem neuen Credo.

 

Ich bin mit meinen Eltern 1989 aus der Sowjet-Union/Kasachstan, nach Deutschland immigriert. Für meine Familie sollte dieser Schritt eine „Rückkehr“ in die neue, alte Heimat ihrer Vorfahren sein. Doch diese, neue Heimat, fühlte sich doch etwas befremdlicher für meine Eltern an, als sie sich dies erhofft hatten. Ich war in der Familie die erste, die die deutsche Sprache akzentfrei sprechen konnte. Aber, nur weil ich die Sprache beherrschte, fühlte ich mich noch lange nicht integriert in der neuen Gesellschaft.

 

„ Du musst deutscher sein, als jeder Deutsche“ war das neue Verhaltenscredo. Tja, und immer wieder erlebe ich im Alltag, wie sich diese Angepasstheit noch immer auftaucht.In Deutschland leben ca 3,2 Mio „Russlanddeutsche“, die durch Bruchstücke ihrer Biografie miteinander verbunden sind und gleichzeitig eine heterogene Gruppe darstellen. Abhängig vom Zeitpunkt der Einreise, fam. Konstellationen, Bildung, sozio-kulturellen Milieus, sowie den ökonomischen Verhältnissen, sind die Immigrationsprozesse und Lebensgeschichten der einzelnen Akteur*innen sehr unterschiedlich verlaufen. 

Als Künstlerin, möchte ich mich mit ausgehend von meiner eigenen Geschichte, das Spannungsfeld zwischen Sozialisation und Autonomie in der postmigrantischen Einwandermilieus untersuchen.

 

Daher, möchte ich mich sehr persönlich mit dieser, meiner eigen Geschichte auseinandersetzen. 

 

Der eigentliche Reiz dieser Arbeit ist es: diese unsichtbare Angepasstheit, Sichtbar werden zu lassen und mich dem Thema der Identiätskonstruktion im Zusammenhang mit Migration und Integration zu widmen.Bei dieser Recherchenarbeit, geht es mit darum meine eigene Herkunft zu ergründen und der Frage nach meiner eigenen Identität in besagtem Spannungsfeld nachzugehen. Ich möchte einen Beitrag zu mehr Diversität in der künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Thema Heimat und Identität leisten.

 

Anpassung

"Manchmal fühle ich mich wie ein gemischte Portion Eis." Eugenie


"Weder, Fisch noch Fleisch. So hab ich mich ewig gefühlt, heut ist es anders: es gibt ja auch noch ganz andere Alternativen. Wie wärs mit Eintopf?" Luba 


"Manch ein Soziologe würde sagen, man sitzt zwischen den Stühlen, mir gefällt eher die Vorstellung, vom Tanz, je nach Musikstil eben, mal Jazz, Hip Hop, oder Schlager..." Alex 


Mir wurde klar, ich muss mich mehr anstrengen, nicht "der Haus" sagen, und nicht zu viel das "rrr" Rollen, aber das ist nicht so leicht, wenn du es 35 Jahre gemacht hast..." Irina 


"Nach Außen ist es wichtig nicht zu protzig auszusehen, nicht das dann die hiesigen Deutschen denken, der Staat hat uns alles in den Rachen geschmissen, denn dass war nicht so." Vitali 

Identität

"Früher habe ich mich geschämt für meine Herkunft, und versucht davon abzulenken um nicht auf das Thema zu kommen. Heute, bin ich froh darüber, nicht nur in einer Kultur aufgewachsen zu sein." Lena 


" Wenn mir meine Mutter, währen der Schulzeit Piroschki in die Vesperdose gepackt hat, konnte ich manchmal im Erboden versinken. Jetzt, bin ich selbst stolz darauf, dass ich ziemlich gute Piroschkis selbst zubereiten kann, fast so gut wie die von meiner Mutter, aber nur fast!" Kristina 


"Auf der Suche nach meiner Identität, habe ich mir oft gewünscht, nach Kasachstan zu reisen, auch weil ich keine Erinnerungen an Kasachstan habe, meine Eltern haben dass viele Jahre nicht verstanden und waren sogar, verletzt. Jetzt, wo sie ihren Frieden geschlossen haben, denken sie anders darüber. Ich hoffe, dass wir diese Reise noch gemeinsam machen." Jelena 

Gesellschaft

 

Gesellschaftliche Diskurse:

 


"Deutschland ist kein Einwanderungsland."

Bundeskanzler Helmut Kohl, 1999 


"Die CDU/CSU sind die Schutzpatronin der Aussiedler. Drei Viertel von ihnen sind ohne deutsche Wurzeln und Sprachkenntnissen. Sie beziehen Leistungen aus den Sozialkassen. Junge Aussiedler bilden Banden und werden straffällig." Oskar Lafontaine, 1996


Ist Deutschland nun ein Einwanderungsland, oder nicht? Angela Merkel hat Deutschland offiziell als Einwanderungsland erklärt. Aber haben sie auch eine Heimat gefunden? 

Spiegel 09.2021


Die "übersehene" Generation der in Altersarmut geraten Rentner und die "verlorene Generation" der über 40-jährigen Aussiedler gibt, die eine bessere Zukunft ihren Kinder mit einem sozialen Abstieg und einer Unterversorgung im Alter bezahlen. Die Verbitterung dieser beiden Generationen hat die Gesellschaft bislang nicht wahrgenommen. 

Alfred Eisfeld, für bpb.de 2013


Es gab, weder Begrüßungsgeld noch irgendwelche Vergünstigungen. Nach 6 Wochen Sprachkurs, mit Arbeitslosengeld, wurden alle in die Freiheit entlassen. Sprich, Sozialhilfe oder Arbeit. 95% aller Aussiedler haben entweder eine Arbeit, Ausbildung oder sonstiges gefunden. 




Das Theaterstück:

 Setting: Gemeinschaftsraum Staddteilsaal Freiburg, eine große Tafel, mit gemusterter Tischdeck "Klionka", drum herum sitzen die Zuschauer.

Requisiten: Overheadprojektor, ein buntes Tablett mit Gläsern und Samowar, ein kleines Holzregal mit russischen Produkten, 4-5 Lederkoffer, eine Hängelampe und Teelichter

 

Szene Hausmeister:

Ein Hausmeister baut die Bühne auf, für "das Theaterstück". Er richtet den Raum ein und wechselt noch eine Glühbirne. Während des Aufbaus vertieft es sich in seine Geschichte und plaudert aus dem Nähkästchen."Früher, war ich eigentlich Architekt, aber war es zu kompliziert mit der Anerkennung von Berufen und ohne Sprache, habe ich jetzt etwas anderes gesucht. Bin ich glücklich und gefällt mir auch die Arbeit..." Gerber bringt immer wieder verschieden Koffer hinein und stapelt diese als Bühnenbild auf.

Szene: Abschied von Kasachstan:

Meine Mutter bereist im Sommer zusammen mit meiner Oma Süddeutschland. Also die beiden wieder zurück kommen, packen sie nicht nur deutsche Leckereien aus dem Koffer, sonder auch einen klaren Entschluss: Wir stellen einen Antrag zur Ausreise! Natürlich streng geheim...

 

Szene Friedland:

Ankunft in Friedland dem Ort, wo alle Russlanddeutsche Aussiedler erst einmal ankommen und registriert werden. Jetzt heißt es zunächst mal warten und viele Formulare ausfüllen.  

 

Szenen der Registrierung:

Name, Herkunftnachweispapiere, Namensanpassung, Geburtsort.

Eine humorvolle Szene mit der ersten Berührung, der deutschen Bürokratie.

 

Szene Sprachkurs:

Eine dynamische Deutschlehrerin betritt den Raum und begrüßt sehr freudig alle Teilnehmenden. Diese Stunde steht deutsche Grammatik auf den Plan. Die Zuschauer werden automatisch zu ihren Schülern, die sie versucht zum Sprechen zu bringen.

 

Szene russischer Laden:

Es läuft russischer Pop aus einem kleinen Radio, „ ich komme gleich“ erzählt die russische Verkäuferin aus dem „off“. Plötzlich platzt sie in den Laden und steht vor den Leuten, mit soviel Ansturm hat sie nicht gerechnet. Sie freut sich sehr, über die vielen Besucher.

"Früher war alles noch anderes, da sind viele Landsmänner gekommen und standen einfach nur im Laden und haben, gefragt ob sie bisschen bleiben können, sie haben dann Zeitungen durchgeschaut und haben sich bisschen unterhalten mit anderen Kunden. Manche haben gar nichts gekauft, einfach nur geblieben, da für dies für sie, hier ein Stückchen Heimat war. Habe ich neuen Tee geliefert bekommen. Wollen Sie probieren?" Kurz darauf, erscheint die freundliche Kassieren mit einem Samowar und Teegläsern. 

Szene Familienfeier:

Es folgt darauf hin Musik und ein Wechsel: Fröhliches Zusammensein bei Tisch.

 

Der Großvater, spricht einen Tost, alle erheben die Gläser, es folgt eine lange, emotionale Rede über Vergangene und Gegenwart. Alle Teilnehmenden stoßen mit einander an. Das Stück endet fließend mit Musik, Tee und Gesprächen.

 

Zusammengehalten werden diese Szenen, über die Ich- Erzählerin, die immer wieder in neue Charaktere schlüpft und sich dabei mit Techniken des Erzähl- und Figurentheater bedient.

 


Worum geht es?

Bei der Umsetzung des Stückes, geht es mir vor allem aufzuzeigen, dass es keine heterogne Gruppe der Aussiedler, der Russlanddeutschen gibt. Es geht mir darum, hervorzuheben, dass es innerhalb der Gruppe viele unterschiedliche Menschen sind.

Daher kam mir die Idee, verschieden Charaktere einzusetzen. Natürlich gibt es eine große Verbindung durch ähnlich Schicksale, die viele Russlanddeutsche erlebt haben, aber eben auch verschiedene Sozialisationen innerhalb dieser Gruppe.

Ich beabsichtige mit dem Stück ein Stück weit eine Verständigung darüber zu schaffen, für die vielen Dinge die ungesagt bleiben und gleichzeitig eine Brücke zu schlagen, um vielleicht Vorurteile auf beiden Seiten abzubauen. Über die eigenen Verhaltensweisen schmunzeln und lachen zu können. Vor allem ist mir der Humor sehr wichtig um gerade bei sehr emotionalen Themen, Leichtigkeit einzusetzen, als Methode, besser über sich reflektieren zu können.

Quellen:

www.bpb.de

https://www.bpb.de/system/files/dokument_pdf/IzPB_340_Spaetaussiedler_barrierefrei.pdf

https://www.ost-klick.de

https://www.russlanddeutsche.de/de/

https://nemcy.dekoder.org/de

https://mediendienst-integration.de/artikel/wie-viele-russischsprachige-leben-in-deutschland.html

https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/russlanddeutsche-das-sechste-spice-girl

www.x3.de